Pfarrbrief

Pfarrbrief 2024 03

Zum Download des Pfarrbriefs bitte auf den Titel klicken.

Liebe Leserinnen und Leser!

der vorletzte Monat des Jahres ist angebrochen.
Es ist Mitte November und ich halte mich gerade zum dritten Mal in diesem Jahr in Freising auf. Nicht nur die Erzdiözese feiert ein Jubiläum zu Ehren des Bistumspatrons Korbinian, sondern auch die Stadt Freising hat sich herausgeputzt und sein Jubiläum auf ihre Fahnen geschrieben.

Hinter uns liegt ein Jahr mit vielen Krisen, Herausforderungen und Unsicherheiten. Ich denke an die Ungewissheit über das Schicksal der entführten und verschleppten israelischen Bürgerinnen und Bürgern und die Demonstrationen. Ich denke an die Bilder der Zerstörung und Verwüstung. Ich denke an die Sehnsucht und das Rufen der Menschen nach einem Ende von Krieg, Gewalt und Unterdrückung im Nahen Osten, in der Ukraine und vielen anderen Kriegsgebieten.

Ich denke an die Regionen unserer Erde, wo Menschen die Erfahrung von Machtlosigkeit machen angesichts verheerender Naturkatastrophen. Ich denke auch an die politische  Landschaft, die sich regional und international stark verändert hat und durchaus Anlass gibt zu Sorge und Skepsis angesichts der zunehmenden Polarisierung und Radikalisierung in verschiedenen Milieus unserer Gesellschaft. In diesem Jahr gab es auch Tage des Lichts, der Freude und hoffnungsvollen Zuversicht. Aber sie scheinen gegenüber den gesellschaftlichen Problemen, Krisen und Katastrophen nicht ins Gewicht zu fallen.

In diesem Kontext befinden wir uns als Kirche, als Christen. Wie oben schon erwähnt feierte die Erzdiözese München und Freising zusammen mit der Stadt Freising 1300 Jahre seit der Ankunft des Benediktiners Korbinian in unseren Landen. Im Pfarrverband feierten wir auch ein kleines Jubiläum, das Diamantene.

Mit einem festlichen Gottesdienst gedachten wir der Einweihung der Kirche St. Karl Borromäus am Genfer Platz vor 60 Jahren. Die Weihe fand am 4. Adventssonntag, dem 20. Dezember 1964 statt. 

In Rom waren im Sommer 50.000 Ministrantinnen und Ministranten aus aller Welt versammelt.

Die sich auf mehreren Ebenen vollzogene und 2 Jahre dauernde große Synode von Bischöfen und Laien ging offiziell und unspektakulär zu Ende. Die Tatsache, dass Papst Franziskus kein postsynodales Schreiben veröffentlichen möchte, deute ich als Hinweis, dass die angestoßenen Prozesse weitergehen sollen, dass die Zeit der zentral vorgegebenen endgültigen Antworten auf die Fragen der Zeit vorbei ist, dass die Kirche als Ganzes doch kein starres und unveränderliches Gebäude ist (Auch wenn viele ihrer geweihten und nichtgeweihten Vertreter sich dies nach wie vor wünschen.) In den USA, Europa und bei uns in Deutschland durchleben die Menschen in Politik und Wirtschaft alles andere als ruhige Zeiten.

In diese Gemengelage hinein feiern wir Weihnachten. In der Natur fällt es auf der nördlichen Halbkugel zusammen mit dem „Sieg“ des Lichtes über die Dunkelheit, da die Tage wieder länger werden. In der säkularen christlichhumanistisch geprägten Gesellschaft wird Weihnachten als das „Fest der Liebe“ bezeichnet, für die vielen Kulturen auf unserem Planeten, die eine eigene nichtchristliche Kultur und Prägung haben, ist es einfach das „Fest der Anderen“. Deshalb möchte ich Ihnen und mir die Frage stellen: Was feiern Sie nun an Weihnachten? Was feiere ich?

Eine Antwort darauf können wir im Neuen Testament der christlichen Bibel finden. Die Evangelien nach Matthäus und Lukas erzählen in den ersten Kapiteln mit je eigenen Akzentsetzungen von der Geburt eines Kindes. Als dieses Kind erwachsen unterwegs war, nannten sie ihn den Sohn des Zimmermanns, den Mann aus Nazareth in Galiläa und den Sohn der Maria. Doch die Männer und Frauen, die ihm begegneten, mit ihm unterwegs waren, seine Worte hörten und von seinen Taten beeindruckt waren, nannten ihn Messias, Gesandter Gottes, Retter und Erlöser, Friedensfürst, guter Hirte. Sie kannten ihn als streitbaren Prediger, als machtvollen Heiler. Erst aufgrund dieser Charakterisierungen und Zuschreibungen stellten sich die Menschen, die sich gegenseitig Jesu Geschichte(n) erzählten und schließlich schriftlich festhielten, die Frage: Wodurch unterschied sich dieser Mensch von seinen Zeitgenossen von Anfang an, ja vom ersten Moment seiner Existenz in Raum und Zeit? Um dies zu vermitteln, bedienten sich die Autoren der Evangelien der sprachlichen und bildlichen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. Und genauso wie wir in einem Gemälde immer wieder etwas Neues entdecken können, obwohl wir es bereits tausendmal angeschaut haben, so kann es auch bei der Lektüre eines Buches geschehen. Die Bibel ist ein solches Buch mit vielen Geschichten und einer Geschichte hinter den Geschichten. 

An Heiligabend und Weihnachten werden wir wieder die Geschichte von der Geburt Jesu hören. Was wird sie Ihnen und mir in diesem Jahr sagen, was werden wir entdecken? Ich für meinen Teil bin gespannt und freue mich darauf. Ich sehe für mich die echte Aufgabe, die mich auch heuer fragen lässt: Wird es mir gelingen, die Geschichte(n) von der Geburt Jesu mit meinem alltäglichen Leben mit all seinen Facetten in Verbindung zu bringen? Auch mit der gegenwärtigen wirtschaftlichen und politischen Situation in unserem Land, mit der Not so vieler Menschen, den Erfahrungen von Gewalt und Krieg, den allgegenwärtigen Spannungen, Polarisierungen und nicht zuletzt auch den globalen Machtkämpfen?

Anders gefragt: Was wünsche ich mir zu diesem Fest? Was trage ich als Sehnsucht in meinem Herzen? Was wünsche ich den Menschen, die Tote betrauern, von Trümmern umgeben sind, mit leeren Händen vor ihrem weggerissenen Lebenswerk stehen?

Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir für die Vielen zu „Pilgern der Hoffnung“ werden; dass wir im neuenJahr 2025 aufbrechen, uns auf den Weg machen, um mit unseren Nachbarn, Freunden, Kollegen und Gemeindemitgliedern Zeugen der Hoffnung zu sein. Gott, der alle Wege mit uns geht, er ist uns in Jesus ganz nahegekommen. Das feiern wir als Christen gerade auch an Weihnachten.

Machen wir uns die Worte des Beters von Psalms 46 zu eigen, denn er war voller Hoffnung und der festen Überzeugung: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, als mächtig erfahren, als Helfer in allen Nöten. Darum fürchten wir uns nicht, wenn die Erde auch wankt, wenn Berge stürzen in die Tiefe des Meeres… Mit uns ist der HERR der Heerscharen, der Gott Jakobs ist unsereBurg. Kommt und schaut die Taten des HERRN… Er setzt den Kriegen ein Ende bis an die Grenzen der Erde.“

Als Pilger der Hoffnung sind wir Seelsorger im Pfarrverbandgern und zuversichtlich mit Ihnen an Weihnachten und im neuen Jahr unterwegs und wünschen Ihnen und uns dabei Gottes Schutz und Segen 

Ihr Seelsorgeteam


P. Klaus und P. Stephen sowie V. Nickel